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„Vorbei die Zeit, als der Techniker mit „Nachtwächterlampe“ per Hand die Einstellung der Regler überprüfte“ – Ein Interview mit Roland Trefftz und Jens Rostock über das Energiemanagement im Krankenhaus Das Thema Energie ist auch für Krankenhäuser gerade angesichts erheblicher Veränderungen in der Energieversorgung bedeutend. Sind weiter steigende Kostenbelastungen unausweichlich oder gibt es geeignete Maßnahmen, wenn ja welche?

Darüber haben Roland Trefftz, Geschäftsführer der Klinikon, und Dipl.-Ing. Jens Rostock, Klinikon-Partner „Energiemanagement“, mit Elke Tonscheidt gesprochen.

Herr Trefftz, Krankenhäuser verbrauchen typischerweise viel Energie für Gebäudetechnik und Medizingeräte. Die genaue Erfassung der Verbräuche ist jedoch sehr aufwendig und unübersichtlich. Wie stellen Sie in Ihren Energiekosten-Projekten Transparenz im Krankenhaus her?
Roland Trefftz:
Zwei Vektoren spielen in unseren Projekten zur Senkung der Energiekosten eine Rolle: die Energiepreise und die Senkung des Energieverbrauchs. Basis für beide Teilbereiche ist die Aufstellung einer differenzierten Energiebilanz. Sie zeigt auf, in welche Anlagen- bzw. Gebäudebereiche die Energie, also Strom bzw. Wärme, fließt. In einem sog. „Energieflußdiagramm“ verdeutlichen wir dann den Weg von der „Quelle“ (Abnahmestelle oder Erzeugung) bis zur „Mündung“ (große Verbraucher). Damit werden im Grunde alle Energieeinsätze, aber auch die -verluste sowie die wesentlichen Verbraucher in Beziehung gesetzt. Bei dieser ersten Erfassung gilt: Vollständigkeit ist wichtiger als Genauigkeit.

Es geht also um größtmögliche Transparenz über die Energieflüsse im Gebäude. Wie gehen Sie bei der Maßnahmenentwicklung in Krankenhäusern vor?
Jens Rostock:
Schon bei der Erarbeitung des „Energieflussdiagramms“ zeigen sich meist erste Hinweise auf Energieeinsparpotenziale. Dabei erfolgt die Maßnahmenentwicklung grundsätzlich „gegen den Energiestrom“. Das bedeutet: Zuerst werden der Bedarf und die Betriebsweise, speziell auch die Regelungsstrategien der Verbraucher, verbessert; erst dann wird die Verteilung angepasst. Am Ende wird dann die Erzeugung/Objektversorgung optimiert.

Woher nehmen Sie das Wissen zur Optimierung?
Jens Rostock:
Wir sind hier natürlich auf den intensiven Austausch mit den technischen Verantwortlichen angewiesen. Dieses hausspezifische Know-how bündeln wir mit unserer Expertise und langjährigen Erfahrung in realisierten Projekten. Wir können dann gemeinsam sehr schnell einschätzen, welche Maßnahmen auch tatsächlich umsetzbar sind und dem Kunden den größtmöglichen Nutzen bringen.

Wie kann man sich die Verbesserung von Regelungsstrategien vorstellen? Haben Sie hierzu Beispiele?
Jens Rostock:
Einen breiten Raum in unseren Maßnahmenlisten nehmen die raumlufttechnischen Anlagen ein. Die Einhaltung der Temperatur- und Feuchteanforderungen und auch der Lufttransport sind sehr energieintensiv. Meist wird die Anlagenbetriebsweise nur einmalig bei der Errichtung festgelegt. Daher gehört es oftmals zu unserer Hauptaufgabe, den auf die Nutzung abgestimmten tatsächlichen Bedarf zu definieren.

Gibt es da aber nicht enorme Spielräume, was als tatsächlicher Bedarf gilt bzw. eingeschätzt wird?
Jens Rostock:
Der Bedarf wird vorrangig durch krankenhausspezifische Regelwerke an den Luftzustand normiert. Aber Sie vermuten richtig: Hier sind meist erhebliche Spielräume vorhanden. Deshalb ist es z.B. so wichtig ganz konkret zu bewerten, ob die angetroffenen Regelungsstrategien a) auch mit Blick auf einen minimierten Energieaufwand programmiert wurden. Und ob sie b) auch tatsächlich so funktionieren. Energieeffizienz wird eben nicht zwangsläufig nur durch die „Hardware“, d.h. die Anlagenbauteile, definiert, sondern zum Großteil auch durch die tatsächlich durchgeführten Regelungsstrategien.

Roland Trefftz:
Beim Strom ist z.B. ein häufig diskutiertes Thema das Management der Lastspitzen, um hier den sog. Leistungspreis, der an den Energieversorger zu zahlen ist, zu reduzieren. In diesem Bereich sind respektable Einsparungen möglich.

Optimiert man den Betrieb durch reine Steuerungsänderungen, sind keinerlei Investitionen erforderlich – die nötige Änderung muss aber eben auch von Dauer sein. Geht das im Klinikbereich überhaupt oder werden Betriebsabläufe gestört?
Roland Trefftz:
Getreu dem Motto „gegen den Energiestrom“ werten wir als erstes den tatsächlichen Bedarf aus. Hierzu erstellen wir in Interviews mit Funktions- und Pflegedienstbereichen sog. „Tageslast-Profile“. Hierauf setzen alle weiteren Maßnahmen auf. Wobei generell gilt: Die Anlagensicherheit und die Funktionsfähigkeit der medizinisch-pflegerischen Bereiche haben Priorität.

Jens Rostock:
Des weiteren gibt es eher „technische“ Maßnahmen, wo ein gegebenes Ziel mit unterschiedlichen „Regelungsstrategien“ erreicht werden kann. Auf aktive Be- und Entfeuchtung kann außerhalb des Winter bzw. Sommer oftmals verzichtet werden. Wichtig ist, dass die Regelung entsprechende Möglichkeiten bietet, dies zu erkennen. All dies berührt den Nutzer eher weniger.

Und wie sieht es bei den gering-investiven Maßnahmen aus?
Jens Rostock:
Hier handelt es sich meistens um Ergänzungen der Regelungstechnik und der bereichsweisen Steuerung des Bedarfs. Die Heizungstechnik bietet hier einige Ansatzpunkte.

Können Sie bitte typische Beispiele nennen?
Jens Rostock:
Typisch sind Erweiterungen der Heiztemperaturregelungen mit selbstoptimierenden, lernfähigen Programmen. Der Schwerpunkt liegt aber auch hier in der Raumlufttechnik. Ergänzungen in der Anlagentechnik ermöglichen den Nutzern für einzelne Bereiche bedarfsgerechte Zuschaltmöglichkeiten und vermeiden den sonst erforderlichen Dauerbetrieb. So kann die Belüftung des Röntgen-Bereiches nachts für Notfälle über Taster-Anforderung für eine begrenzte Zeit in Betrieb genommen werden. Oder Lüftungen werden mit einer Drehzahlregelung nachgerüstet, die dann entsprechend der Luftqualität und nicht mehr einem festen Zeitprogramm folgend betrieben werden.

Roland Trefftz:
Grundsätzlich sucht und findet Klinikon immer individuelle Lösungen, die eine entsprechend detaillierte Betrachtung erfordern. In intensiven Diskussionen mit den Verantwortlichen der Gebäudeleittechnik entwickeln wir z.B. auch Regelungsstrategien, die eine Umprogrammierung der Heizungs- und Lüftungsanlagen erfordern. Diese Dienstleistungen des Anlagenherstellers sind Kosten, die sich aber meistens innerhalb des ersten Jahres nach Programmierung „gerechnet“ haben.

Welche Kriterien sind für das erfolgreiche Energiemanagement eines Krankenhauses ausschlaggebend?
Roland Trefftz:
Der alte Spruch lautet: „Das Auge des Bauern macht die Kuh fett“. Für das Energiemanagement gilt ebenfalls: Die kontinuierliche Beobachtung ist Grundlage des Erfolgs. Es bedarf aber auch technischer Hilfsmittel wie einer entsprechenden Gebäudeleittechnik und DDC-Regelungen im Haus. Mit der unüberschaubaren Menge von Sensoren, Aktoren und Verbrauchern in einem Krankenhaus ist die Zeit vorbei, wo der Techniker quasi mit „Nachtwächterlampe“ einzeln durch die Räume geht und per Hand die Einstellung der Regler überprüft.

Die Anforderungen werden also auch hier immer höher und komplexer. Was ersetzt die Nachtwächterlampe?
Roland Trefftz:
Es geht heute immer mehr um qualifiziertes Wissen über das Zusammenspiel von Anlagen, Elektronik und Software. Das fällt niemandem in den Schoß, auch keinem Elektromeister. Hier sind Produkt- und anlagenspezifische Schulungen notwendig. Als Kaufmann habe ich von meinem Kollegen Jens Rostock gelernt, dass die Gebäudeleittechnik kein „Managerspielzeug“ des Technischen Leiters ist; wird sie nicht kontinuierlich genutzt und nachgerüstet, verliert ein Krankenhaus bares Geld. Darauf macht Klinikon ganz konkret aufmerksam und entwickelt gemeinsam mit den Verantwortlichen im Krankenhaus Strategien dem entgegenzuwirken.

Vielen Dank für das Gespräch.

Elke Tonscheidt ist freie Journalistin in Düsseldorf.